Im heutigen Bildungsumfeld sind Diskriminierung und Mobbing ernste und (leider) häufige Herausforderungen. Unser umfassender Leitfaden hilft Diskriminierung und Mobbing in der Schule zur erkennen, beleuchtet die rechtlichen Grundlagen und gibt praktische Handlungsstrategien, um diese Probleme anzugehen. Egal ob es sich um ungerechte Behandlung aufgrund von Herkunft, Geschlecht oder anderen Merkmalen handelt oder um wiederholtes, aggressives Verhalten, das darauf abzielt, Schüler zu isolieren oder einzuschüchtern – es ist entscheidend, diese Vorfälle zu erkennen, zu verstehen und wirksam zu bekämpfen.
Definitionen: Was sind Diskriminierung und Mobbing?
Diskriminierung erkennen
Diskriminierung in der Schule beschreibt jegliche ungerechte oder vorurteilshafte Behandlung von Schülern durch Lehrkräfte oder die Schulverwaltung, basierend auf Merkmalen wie Herkunft, Geschlecht, Religion, Behinderung, sexueller Orientierung oder sozialem Hintergrund. Sie äußert sich in Handlungen, die bestimmte Schüler in ihren Bildungschancen benachteiligen oder ihre Würde verletzen, wie etwa durch unterschiedliche Behandlung im Unterricht, bei der Bewertung oder im Zugang zu Ressourcen. Eine Abgrenzung zu Mobbing ist in einigen Fällen nur schwer möglich.
Mobbing erkennen
Mobbing in der Schule bezieht sich auf wiederholte, zielgerichtete und aggressive Verhaltensweisen – oftmals unter Schülern –, die darauf abzielen, die betroffene Person sozial zu isolieren, einzuschüchtern oder zu erniedrigen. Es kann sowohl physische als auch psychische Formen annehmen, wie z.B. verbale Angriffe, soziale Ausgrenzung, Gerüchteverbreitung oder auch körperliche Übergriffe.
Mobbing kann jedoch auch von Lehrkräften ausgehen. Mobbing durch Lehrkräfte beschreibt dabei eine systematische und wiederholte Vorgehensweise, bei der Schüler zielgerichtet drangsaliert, schikaniert oder diskriminiert werden. Dies äußert sich durch verbale, nonverbale und in selteneren Fällen körperliche Angriffe. Beispiele hierfür sind herabwürdigende Bemerkungen über Aussehen, Leistungen oder die Persönlichkeit des Schülers, ständige Sticheleien vor der Klasse, unbegründete Kritik, Ungleichbehandlung gegenüber anderen Schülern sowie systematisches Ignorieren oder das Zuteilen unberechtigter Noten. Eine solche Verhaltensweise seitens der Lehrkraft führt zu gravierenden Beeinträchtigungen im Schulalltag des betroffenen Schülers, die sich in psychischen Beeinträchtigungen wie sozialer Isolation, Angst, Depressionen und verminderter Konzentrationsfähigkeit manifestieren können. Zusätzlich kann dies zu einer nachhaltigen Angst vor der Schule und einem Verlust des Vertrauens in die Lehrkräfte oder die Schulinstitution führen.
Schulrecht: Gesetzliche Grundlagen bei Diskriminierung und Mobbing
Die schulrechtlichen Regelungen zu Mobbing und Diskriminierung unterscheiden sich zwar in jedem Bundesland, die grundlegenden rechtlichen Prinzipien sind aber deutschlandweit einheitlich.
Ist ein Schüler betroffen von Mobbing oder Diskriminierung, hat die Schule und auch die dort beschäftigten Lehrkräfte Maßnahmen zu treffen, um die Persönlichkeitsrechte aus Art. 1 Abs.1 Grundgesetz (GG) und Art. 2 Abs.1 GG des betroffenen Schülers zu schützen. Denn die Schule ist als öffentliche Behörde an die Verfassung gebunden.
Bleiben die Schule oder die Lehrkräfte untätig, verletzen sie ihre amtliche Aufsichts- und Fürsorgepflicht aus Art. 7 Abs.1 GG i.V.m. Art. 34 S.1 GG, denn der in Art. 7 Abs. 1 GG bestimmte staatliche Erziehungsauftrag verpflichtet die Schulbehörden und die Lehrkräfte, die ihnen anvertrauten Schüler vor Schäden zu bewahren.
Konkret bedeutet dies, dass die Schulbehörden aktiv werden müssen, um Mobbing zu unterbinden und den Schülern ein sicheres Lernumfeld zu gewährleisten. Die Lehrkräfte haben dabei eine besondere Verantwortung, da sie nicht nur die Bildungsziele verfolgen, sondern auch eine Schutzfunktion gegenüber den Schülern innehaben. Unterlassungen in dieser Hinsicht können rechtliche Folgen nach sich ziehen, einschließlich zivilrechtlicher Haftung für Schäden gemäß § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG und möglichen Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen gemäß §§ 823, 253 BGB.
Darüber hinaus kann das Fehlverhalten von Lehrkräften, das zu Mobbing oder Diskriminierung führt bzw. eine Untätigkeit derartiges zu verhindern, auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Lehrkräfte sind in ihrer Rolle nämlich nicht nur Erzieher, sondern auch sogenannte rechtliche Garanten für die Sicherheit und das Wohl der Schüler. Sie müssen daher proaktiv handeln, um Mobbing frühzeitig zu erkennen und zu stoppen. Andernfalls kommt sogar eine etwaige Strafbarkeit gem. §§ 13, 323c StGB wegen unterlassener Hilfeleistung oder wegen Fahrlässigkeit gem. § 15 StGB i.V.m. der etwaigen Norm des Strafgesetzbuches in Betracht.
Nach § 22 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) hat die Schule normalerweise einen gewissen Entscheidungsspielraum (Ermessen), ob und wie sie handelt, wenn rechtliche Voraussetzungen erfüllt sind. Bei Mobbingfällen oder Diskriminierung, wo Grundrechte verletzt werden und schwerwiegende Beeinträchtigungen für den betroffenen Schüler entstehen, wird dieser Ermessensspielraum auf Null reduziert. Das bedeutet, die Schule muss handeln; ein Unterlassen von Maßnahmen verstößt gegen schulrechtliche Prinzipien und die beamtenrechtlichen Pflichten der Lehrkräfte, einschließlich der Pflicht, die Menschenwürde zu wahren und Diskriminierung zu verhindern.
Auch die jeweiligen Schulgesetze der Länder sehen vor, dass Schulen eine Lernatmosphäre schaffen müssen, die frei von Diskriminierung und Mobbing ist. Dies wird zwar in den meisten Fällen nicht ausdrücklich geregelt, ergibt sich aber aus den allgemeinen Grundlagen der jeweiligen Schulgesetze, insbesondere aus dem oftmals ausdrücklich geregelten Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule (z. B. § 2 SchulG-NRW, Art. 1 BayEUG, § 1 SchG-BW). Der Bildungsauftrag wäre ansonsten nicht zu erreichen.
Dies gilt in besonderem Maße für Diskriminierungen aufgrund unterschiedlicher Begabungen sowie akademischen und pädagogischen Bedürfnissen, aber auch bei Behinderungen. So ist die Schule als grundrechtsverpflichtete Behörde verfassungsrechtlich (vgl. Art. 3 Abs. 3 GG) zur Inklusion bestimmt. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen Entscheidungen die Bedeutung dieser Verpflichtung bekräftigt, indem es die Notwendigkeit hervorhebt, alle Schüler, unabhängig von ihren individuellen Fähigkeiten oder Beeinträchtigungen, gleichberechtigt zu behandeln und ihnen gleiche Bildungschancen zu ermöglichen.
In bestimmten Fällen, wie etwa der LRS, ist der Anwendungsbereich des SGB IX eröffnet, was die Schulen gem. § 1 SGB IX dazu anhält, die notwendigen Fördermaßnahmen zu treffen, damit betroffene Schüler nicht benachteiligt werden. Diese Pflicht ergibt sich auch aus Art. 24 Abs. 1 und Abs. 2der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) sowie aus Art. 2 Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) i. V. m. Art. 14 EMRK.
Privatschulen fallen üblicherweise in den Anwendungsbereich des AGG, sodass entsprechende Diskriminierungen bereits danach rechtswidrig sind. Jedenfalls besitzen die Privatschulen und Lehrkräfte die Nebenpflicht zur Rücksichtnahme auf das Wohl des Schülers gem.§ 241 BGB.
Schulen sind daher pädagogisch und rechtlich verpflichtet proaktiv Mobbing und Diskriminierung zu bekämpfen. Dazu gehört nicht nur die Bereitstellung von Förderprogrammen und angepassten Lehrmethoden für Schüler mit speziellen Bildungsbedürfnissen, sondern auch die Implementierung von klaren, kommunizierten Richtlinien, die Mobbing und Diskriminierung gezielt entgegenwirken. In Einzelfällen müssen Schulen also notwendige Schutzmaßnahmen ergreifen, um die Rechte der Betroffenen zu wahren.
Strategien und Schritte für Betroffene im Umgang mit Mobbing und Diskriminierung
Im Umgang mit Mobbing und Diskriminierung ist es für Betroffene entscheidend, den gesamten Vorfall so detailliert und präzise wie möglich zu dokumentieren. Diese Dokumentation sollte alle relevanten Ereignisse umfassen, damit alle beteiligten Behörden die Situation vollständig nachvollziehen können.
Das Ziel ist es, durch eine substantiierte, sachgerechte Beschwerde nicht nur den spezifischen Konflikt zu lösen, sondern auch die Erziehungspartnerschaft, die eine fundamentale Grundlage der Beschulung darstellt, zu stärken. Die Kommunikation mit der Schule sollte daher lösungsorientiert und ergebnissoffen sein, um eine langfristige und kooperative Zusammenarbeit zu ermöglichen. In diesem Rahmen sollte die Wirkung einer Absichtserklärung oder einer Zielvereinbarung nicht unterschätzt werden, denn diese zielen darauf ab, die Vertrauensbasis zu festigen und einen sachlichen Umgang für die Zukunft zu sichern.
In extremen Fällen, in denen die Fronten zwischen den betroffenen Parteien verhärtet sind, reichen die Bemühungen der Betroffenen allein oft nicht aus, um eine schnelle und effektive Lösung herbeizuführen. Hier sollten Betroffene nicht zögern, sich umgehend an eine bildungsrechtlich spezialisierte Anwaltskanzlei zu wenden. Ein erfahrener Rechtsbeistand kann durch gezieltes juristisches Vorgehen nicht nur rechtlichen, sondern auch tatsächlichen Schutz bieten und oft binnen weniger Wochen zu einer zufriedenstellenden Lösung führen. Ziel ist es dabei, das akute Problem bei allen zuständigen Behörden zu adressieren und zukünftige Vorfälle zu verhindern. In solchen festgefahrenen Konfliktsituationen müssen Betroffene ihre Rechte kennen und aktiv einfordern, um eine schnelle Reaktion der zuständigen Behörden herbeizuführen. Nur so wird sichergestellt, dass der Konflikt nicht nur rechtlich, sondern vor allem tatsächlich und zeitnah gelöst wird.
Die Strategie zur Behandlung solcher Fälle muss individuell angepasst werden, je nach Schwere und Umständen des Vorfalls. In den meisten Fällen kann ein umfassend formuliertes, anwaltliches Schreiben an die Schule sowie die zuständigen Aufsichtsbehörden – sei es die Fachaufsicht, die Rechtsaufsicht oder die Dienstaufsicht – ausreichen, um das Problem zu lösen. Dieses Schreiben erfolgt häufig in der Einkleidung einer Fach- oder Dienstaufsichtsbeschwerde, teilweise verbunden mit einem Widerspruch. Es ist wichtig, in diesem Schreiben deutlich Position zu beziehen und gegebenenfalls auch entschieden aufzutreten, um der Dringlichkeit des Anliegens Nachdruck zu verleihen. Andernfalls kommt es zu einer langwierigen Auseinandersetzung mit wechselseitigem Schriftverkehr und anhaltender Problematik zulasten des betroffenen Kindes. Derartige Fälle sollten daher bestenfalls mit einem einzigen Schreiben „erledigt“ sein. In Ausnahmesituationen ist eine tatsächliche Lösung des Konflikts jedoch nicht ausreichend und es müssen weitere rechtliche Schritte wie Schadensersatz, Schmerzensgeld, Strafanträge, Unterlassungsansprüche usw. eingeleitet werden.